Erinnerung an Fritz Naef, gestorben 2005

Liebe Trauerfamilie
liebe Freunde
verehrte Trauerversammlung
Gestatten Sie, dass ich im Namen der nächsten Freunde von Fritz Naef seiner gedenke. Die Worte, die ich vortrage, wurden verfasst von Fritz Künzler, der sich kürzlich einer schweren Operation unterziehen musste und mich deshalb um Verlesung gebeten hat.
Es war im Jahre 1961, als in Winterthur bei der Winterthur Lebensversicherungs-Gesellschaft ein Mann im besten Alter, 40, auftauchte: Ein Toggenburger, eher klein gewachsen, mit markanten typischen Gesichtszügen, braun gebrannt. Es fehlte eigentlich nur noch das Lindauer Pfeifchen im Munde, und er hätte einen Alpaufzug anführen können!
Anstatt dessen scharte er im Geschäft schnell eine Reihe von Mitarbeitern und Kollegen, alles Büromenschen, um sich und führte sie als erfahrener Tourenleiter hinaus in die freie Natur.
Ihrer etwa zehn an der Zahl taten sich bald zu einer Kerngruppe zusammen, zwar nicht zu einem Verein, aber sie gab sich doch eine so genannte "Magna Charta". Darin war der Zweck des Zusammenschlusses festgehalten: Förderung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch regelmässige Touren und Ausflüge in freier Natur, ferner Förderung der Freundschaft und der Geselligkeit. Dem Zusammenschluss gaben wir, nicht unbescheiden, den Namen "Alpenclub der Winterthur Leben", abgekürzt "ACWL". Seit einigen Jahren haben wir sogar eine Standarte. Diese wurde in massgebender Weise von Fritz Naef entworfen und widerspiegelt zwei seiner Eigenschaften, nämlich Liebe zu den Bergen, und sodann mit dem Schweizer Kreuz seinen patriotischen Sinn. Zu dieser Standarte haben sich gerne alle Mitglieder bekannt.
Als Präsident wurde sogleich Fritz Naef bestimmt, und zwar lebenslänglich. Diese Funktion hat er dann tatsächlich bis zu seinem Lebensende ausgeübt, wenn er auch gelegentlich zurücktreten wollte, wenn etwa seine Jünger eher der fröhlichen Kameradschaft und Geselligkeit, verbunden mit reichlich Speise und Trank, den Vorzug vor der von Fritz Naef prioritär geforderten Leistungsfähigkeit geben wollten. Als lebenslang bestimmter Präsident wurde jeweils sein Rücktrittsbegehren, das ja nie ganz ernst gemeint war, einstimmig abgelehnt!
Es sind jetzt 44 Jahre vergangen unter der Aegide von Fritz Naef, und in diesen vielen Jahren haben wir unzählige Touren in alle Himmelsrichtungen in der Schweiz gemacht: Im Osten, im Alpstein, den Churfirsten, dem Appenzellerland und dem Toggenburg, weiter in Graubünden besonders im Berninagebiet und im Puschlav. Weiter zog es uns nach Westen: auf den Weissenstein und die weiteren Jurahöhen bis hinab in den Blauen in Baselland. Natürlich waren wir auch im Tessin, u.a. auf der Strada Alta, dem Pizzo Pettine. Im Wallis im Val Ferret und dem Simplongebiet. Das Berner Oberland mit Männlichen, grosser und kleiner Scheidegg, Eiger Trail, bot herrliche Touren. Aber auch das Ausland fehlte nicht. Zweimal waren wir in den Cinque Terre, einmal im Saarland. Dies nur eine kleine Auswahl.
Auf diese Weise erwiesen wir auch den verschiedenen Sprachgebieten unseres Landes unsere Reverenz. Drei Landessprachen, Deutsch, Französisch und Italienisch sind denn auch in unserem Kreise vertreten und wir pflegen bewusst diese Vielfalt.
Alle diese Unternehmungen hat im Wesentlichen Fritz Naef geleitet. Seine Erfahrungen und Kentnisse kamen uns zugute. Er war überdies auch ein besonderer Kenner der Flora, er kannte praktisch jede Alpenblume und er war somit nebenbei auch unser Botanikprofessor.
Andere Seiten von Fritz Naef äussertden sich nur zurückhaltend:
Als Aktivdienstler wusste er einiges, Ernstes und anderes, zu erzählen.
Seine Musikalität kam in seinem Spiel am Flügel zur Geltung. Als bewährter Chorleiter leitete er jeweils unsere Jahresversammlungen mit dem Lied vom "lustigen Rentnerleben" ein.
Auf Fritz Naef traf auch das Bild vom "Menschen mit rauer Schale und weichem Innern" zu. Im Sternbild des Widders geboren, hatte er denn auch einen harten Kopf; er war aber nie nachträgerisch.
Manchmal überraschte er mit seinem trockenen Humor und träfen Witz, auch hier ein echter Toggenburger und von Mutterseite her mit Appenzellerblut.
Seinen Humor, manchmal recht sarkastisch und selbstironisch, manchmal aber auch sensibel, hat er bis zuletzt, auch im Krankenbett bewahrt.
Als wir ihm sagten "Du hast bei der Kollision Glück gehabt" (er hatte mit seinem Auto eine Kollision), antwortete er selbstironisch: "Ja, manchmal haben eben auch die Dummen etwas Glück!" Oder als ihm eine junge Krankenschwester im Spital sagte: "Wir werden dann gegen Abend noch miteinander spazieren gehen, wenn es Ihnen auf dem Herz nicht weh tut." Darauf Fritz Naef: "Ja, wenn ich mit ihnen spazieren gehen kann, tut es mir nicht weh auf dem Herz!"
Sehr zurückhaltend war Fritz Naef in religiösen Dingen. Er war eigentlich im Innersten als Naturfreund echt regligiös, aber nach aussen wenig kirchlich. Eine Episode bezeugt dies, die er im engsten Freundeskreis, gleichsam als Bekenntnis preisgab:
Er war allein vor einigen Jahren auf Regkognoszierung für eine Tour im Berner Oberland im Gebiet der Kleinen Scheidegg. Hier, angesichts der überwältigenden Bergwelt, setzte er sich hin, faltete die Hände und sprach ein Gebet, so sehr hatte ihn diese beeindruckt.
So rundet sich das Bild von Fritz Naef zu einem eindrücklichen Ganzen ab: Wir haben einen guten Mann, einen teuren Freund verloren.
Lieber Fritz, wir danken Dir, wir werden Dich nicht vergessen, mit der Standarte wirst Du unter uns bleiben.
Sei gegrüsst und lebe wohl! Salve et vale.
 
Winterthur, 22. April 2005, verlesen von Heinz Hofer
 
 
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