Zweites E-Mail an Franz Weber - Zweitwohnungsinitiative | |
Publiziert von Alfred am 17.3.2012 | |
Natur- und Heimatschutz Sehr geehrter, lieber Herr Weber Schon im Vorfeld der Abstimmung wollte ich Ihnen ein E-Mail schreiben. Am Tag nach der Abstimmung, während des Rosenschneidens an meinem Zweitwohnsitz, meinem Heimatort und Ort meiner Jugendzeit, hatte ich Musse nachzudenken, was da passiert ist. Erst jetzt habe ich in die Tasten gegriffen, nach Reflektierung in der einen oder anderen schlaflosen Nacht. Der Wunsch nach einem Zweitwohnsitz ist Urinstinkt des Menschen. Ein Blick in die Geschichte der Anthropologie lässt vermuten, dass der Mensch schon lange vor seinem aufrechten Gang mehrere Nester hatte. Die Römer und wahrscheinlich schon die alten Ägypter hatten ihre Landhäuser. Viele Bewohner unserer Städte, Basel, Zürich, Bern usw., verbrachten seit langem einen Teil des Jahres in ihren Häusern auf dem Lande. In Italien wären die Dörfer auf dem Lande und im Apennin längst verfallen, wenn nicht die in die Städte oder ins Ausland gezogenen Bewohner diese liebevoll unterhalten würden. Während der Ferienzeit gesellen sie sich zu den wenigen, meist alten Bewohnern. Auch viele Immigranten aus dem Balkan, der Türkei, oder Griechenland und Spanien bewahren ihre Häuser als Zweitwohnsitz, oder bauen neue, in die sie auch in der Pensionierungszeit oft nicht mehr zurückkehren. Unsere Tessiner und Bündner pflegen ihre ehemaligen Häuser und Rustici in den Bergdörfern. Wer weniger Mittel zur Verfügung hat, installiert ein Mobilhome (mit Dachaufbau und Sitzplatz) auf dem Zeltplatz, oder richtet sich ein Häuschen im Schrebergarten ein, wo sich komfortabel während einiger Wochen im Jahr leben lässt. Ja, auch die vielen Alphütten sind nur während einiger Wochen im Jahr als Zweitwohnsitz bewohnt. Und die vielen ausgebauten Wildheuhüttleni oder Weidstuben in den Vorsassen in unserer Region. Nach dem Wortlaut der Initiative sind alle diese Zweitwohnungen in den Zweitwohnungsanteil einzurechnen. Was haben Sie, lieber Herr Weber, da angerichtet? Es überkommt einen ein sehr unangenehmes Gefühl. Der Zweitwohnungsbesitzer wird stigmatisiert. Selbst in den sozialistischen Ländern, wo es eigentlich kein Wohneigentum geben durfte, gelang es nicht, diesen Urinstinkt des Menschen zu eliminieren. Jeder Russe aus der Stadt hat(te) seine Datscha auf dem Lande, in schöner, unberührter Natur. Allen voran die Parteifunktionäre. In der Tat: in einigen Gegenden unseres Landes wurde übertrieben. Folge des gestiegenen Wohlstandes, der Attraktivität der Schweiz und der stets wachsenden Bevölkerung. Überbaute Berghänge, womöglich noch in städtischem Baustil, sind nicht unbedingt schön anzuschauen. Aber mit Verlaub: im Mittelland ist dies längst geschehen! Schöne Täler, schöne Hänge, See- und Flussufer sind überbaut. Die Mittellandstadt wird sich nicht uferlos, sondern bald geschlossen vom Ufer des Bodensees zum Ufer des Genfersees ausdehnen. Natur- und Heimatschutz wehrt sich zu recht für eine unversehrte Landschaft. Im Zweitwohnungsbesitzer hat man einen Sündenbock gefunden. Die Initiative war erfolgreich, weil sie im Grunde an Neid und Missgunst appellierte. Beweis: Die sich anbahnende gigantische Verschandelung der Landschaft durch Windturbinen, auf den Hügeln, auf Alpenübergängen, und mit Sonnenkollektoren, an (noch nicht überbauten) Sonnenhängen, auf historischen Bauten. Oder die Fassung aller Gebirgsbäche. Die Schweiz wird flächendeckend zu einer Art Industrielandschaft. Die wenigen Natur- und Heimatschützer werden hier alleine und stille sein. Oder täusche ich mich da? Lieber Herr Weber, Sie werden dieses E-Mail wohl kaum lesen. Ich stelle es deshalb in den Blog unseres Freitagsclubs. So werden es vielleicht doch einige Freunde lesen. Mit freundlichen Grüssen Alfred ---------------- PS. Es gäbe noch einige Überlegungen anzustellen. Etwa zur Gattung der "Halunken und Gauner", in deren Nähe Sie die Zweitwohnungsbesitzer stellen. Oder wie man die Nachfrage nach Zweitwohnungen reduzieren könnte. Oder zu den Auswirkungen willkürlicher bürokratischer Massnahmen. Oder zur Verdrängung der Nachfrage nach Zweitwohnungen ins Ausland...."Heiliger St. Florian.....!" Und weiteres. - Aber lassen wir das bleiben. |
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