Der Geist der Atom-Angst | |
Publiziert von Es K. am 17.12.2014 | |
Leserbrief an die NZZ und an die BaZ | |
Sehr geehrter Herr S... | |
Ihre durchaus kritischen Kommentare zu den laufenden
Ereignissen hatte ich bereits gelesen und habe sie mir jetzt erneut zu
Gemüte geführt. Natürlich gibt es immer wieder Fälle, wo die
Ausgestaltung von Details bedeutsam ist. Aber darum geht es im konkreten
Fall meines Erachtens gar nicht, sondern um Grundsätzliches und auch um
Widerwärtiges (Nicht-Honoriges, wenn Ihnen das lieber ist). Nachstehend versuche ich, die Problematik der energiepolitischen Irrfahrt der Schweiz (Stand: nach den NR-Beschlüssen vom Dez. 2014) relativ kurz abzuhandeln, was eine Herausforderung sui generis darstellt, mir aber dringend erforderlich erscheint, weil die Gesamtschau längst der meist absurd anmutenden Detaildiskussion weichen musste. Von einer ‘sogenannten Energiewende‘ muss man sprechen, weil es nicht um eine Wende geht, sondern – wie noch darzulegen sein wird – um eine Irrfahrt im Zeichen der Profilierung, der Absurdität und des Geldmachens. Eine Schimäre: Jedem objektiven, nicht auf Subventionen schielenden oder sonstwie an einem Profit orientierten Kenner der Materie ist längst klar, dass die sogenannte Energiewende ein Schimäre ist, eine Perversion aus Berechnung bzw. Unredlichkeit oder aus Ignoranz, die zu einer schizophrenen Energiepolitik führt (wie auch in Deutschland). Ergo geht es nicht um Einzelheiten, sondern um die sogenannte Energiewende-Idee an sich, die einer ernsthaften Würdigung nicht standhält, gar nicht standhalten kann, wenn man die jüngsten NR-Beschlüsse zum Massstab nimmt. Unredliche Protagonisten: Energie ist etwas Ernstes, wie Nahrung. Für parteipolitische und andere meist kurzfristige Profilierungen ist das Thema ungeeignet. Wenn man sich nicht daran hält, resultiert ein Tohuwabohu. So ist die sogenannte Energiewende-Idee innerhalb eines vernünftigen, auf Versorgungssicherheit bedachten ökonomischen und ökologischen Rahmens gar nicht durchführbar. Die vorliegenden NR-Beschlüsse sind ideologisch und favorisieren den Staatsinterventionismus (SP-Ideologie); sie sind auch schwärmerisch (Grüne) und widersprüchlich (SP, Grüne und CVP, BDP). Und die sogenannte Energiewende hat zahlreiche Profiteure geboren, für die Geldmachen primär und das Thema an sich sekundär ist, auch wenn sie dies nicht zugeben würden. Wende zum Schaden des Landes: Die Vorstellungen zur Energiewende sind klar gegen AKW orientiert, von denen aber einige auch nach Auffassung von AKW-Gegnern aus versorgungstechnischen Gründen bestehen bleiben müssen (was durchaus logisch ist); notfalls soll zudem ausländischer Atomstrom importiert werden. Die sogenannte Energiewende ist auch gegen den Landschaftsschutz gerichtet (Windturbinen und Gaskraftwerke in der Natur) und erweist sich als umweltschädigend (vermehrte CO2-Emissionen durch Kohle- und Gaskraftwerke, unabhängig davon, ob im Ausland oder bei uns im Einsatz). AKW-Gegner wollen nur instrumentalisieren: Dass es nicht um eine Verbesserung der Energieversorgung geht, wird klar, wenn man sich vergegenwärtigt, was primär den Anstoss zur Idee irgendeiner Energiewende gegeben hat: Die Atomkraft. Startpunkt war die Reaktorkatastrophe vom 26. April 1986 in Tschernobyl, die einen bei uns gar nicht vorhandenen Reaktortyp (graphit-moderierter Kernreaktor) betraf, ausgelöst durch einen absurd-leichtfertig durchgeführten und völlig unnötigen technischen Versuch. (Über die wesentlichen Punkte, die den Hergang des Unglücks erklären, verweise ich auf mein Buch vom Juni 2014 ‘Wir sind alle Optimisten – Den Fundamentalkräften des Lebens auf der Spur‘; im Buch werden selbstverständlich auch viele andere Ereignisse des Lebens erörtert, nicht nur aus der Energiewirtschaft). Tschernobyl liess sich bei vielen Leuten, denen die Einzelheiten bis heute nicht bekannt sind, als Angstkeule gut instrumentalisieren, um generell gegen die Atomkraft zu wettern. Das zweite Grossereignis war das Unglück in der Atomanlage von Fukushima-Daiichi vom 11. März 2011; es war nicht in Fukushima, eine grosse Stadt, die vom Unglück eigentlich unberührt blieb und nicht am Pazifik liegt, und auch nicht in Kesennuma, von wo die spektakulären Filmaufnahmen der Umweltkatastrophe stammen und wo etwa zwanzig tausend Tote und Vermisste zu beklagen sind. (Über dieses Ereignis habe ich in einem Kapitel in meinem Buch ‘Unsere Reise – Vom Menschen und seinen Irrfahrten‘ geschrieben, das 2012 erschienen ist). Dass es bei uns keinen Pazifik gibt, wo ein Tsunami mit 20 m hohen Wellen seine zerstörerische Kraft entfesseln kann, interessiert viele Medienmitarbeiter bei uns (und in Deutschland) überhaupt nicht. Wichtig ist, dass sich mit Bildern aus dem erwähnten Kesennuma die Angst ‘bewirtschaften‘ lässt, wobei geflissentlich verschwiegen wird, dass die grossen Fehler der Betreiber der Anlage in Fukushima-Daiichi keine unmittelbaren Opfer bewirkten. AKW nein und doch ja: Immer wieder heisst es, unsere AKW seien brandgefährlich; deshalb sei der Bau neuer AKW zu verbieten. Trotz der Qualifikation ‘brandgefährlich‘ wird aber auf die sofortige (jetzt, in diesem Moment!) Abschaltung bestehender AKW verzichtet; und einzelne sollen noch jahrzehntelang weiterlaufen, weil man den sicheren Strom unbedingt braucht. Da macht die Logik Pause; denn ‘brandgefährlich‘ und ‘jahrzehntelanger Weiterbetrieb‘ passen nicht zusammen. Aber darüber geht man nonchalant hinweg, auch in den Medien und vor allem in den Quasi-Staatsmedien. Alles steht im Zeichen der Instrumentalisierung der Angst und gilt nicht der Einhaltung der Regeln der Logik. Natürlich wissen auch die Gegner der westeuropäischen AKW, dass ihre Aussagen aufgrund der bisherigen Erfahrungen ziemlich übertrieben sind und dass die schweizerischen AKW einen hohen Sicherheitsstandard aufweisen, was auch für zumindest nicht gefahrlose Staumauern gilt. Neue AKW mit erhöhter Sicherheit sind unerwünscht: Damit enden die Absurditäten aber noch nicht. Topmoderne neue AKW wären die richtige Antwort auf Zweifel in Bezug auf die Sicherheit. Und was beschliesst der NR deshalb? Er verbietet genau diese optimale Lösung und beschliesst den Weiterbetrieb nicht mehr ganz ‘taufrischer‘ AKW, deren Sicherheit die SP und andere permanent infrage stellen. Lieber ein älteres AKW mehr als ein neues, das zum Angstmachen nichts hergibt. Der Profit zählt: Es kann also gar nicht um die AKW gehen, sondern um möglichst handfeste politische und/oder finanzielle Vorteile, die sich aus der Angstmacherei zum Thema AKW für Politiker sowie für Ersteller und andere Profiteure von Solar- und Windturbinen-Anlagen etc. erzielen lassen. Keine solide Lagebeurteilung: Nach all dem medialen und politischen ‘Gschtürm‘ wäre eine nüchterne Lagebeurteilung angesagt und nicht ein aus dem Ruder laufender Aktivismus. Aber: Die betreffenden Protagonisten wollen alles, nur das nicht. Von der Verunsicherung der Leute lebt es sich doch so gut. Die Rolle der NZZ: Was ich folglich in der NZZ vermisst habe, ist eine fundierte Ablehnung der sogenannten Energiewende-Idee insgesamt. Aus den Darlegungen in der NZZ geht aber leider hervor, dass man die konfusen Massnahmen der sogenannten Energiewende nicht infrage stellt (auch wenn dies das Blatt nicht näher begründet). Man beschränkt sich auf Hinweise, dass gewisse Einzelheiten anders zu regeln wären. Das ist aber der falsche Ansatz bei einer derart krassen Fehlüberlegung. Die NZZ hätte es leicht gehabt (es ist selten so leicht), die Untauglichkeit der sogenannten Energiewende mit besten Argumenten darzulegen und mit aller Deutlichkeit auf die nicht tolerierbare Ideologisierung der Energiedebatte hinzuweisen (die FDP übrigens auch!). Festzustellen ist zudem, dass die Thematik zu ernst ist, um sie den Politikern zu überlassen, denen oft die Grundlagenkenntnisse abgehen und die primär der Subventionsbraten lockt. Letzteres beweisen die nun leider gefassten NR-Beschlüsse eindrücklich. Im Grund darf es nicht wahr sein, dass unser Blatt Nr. 1 in Bezug auf Grundsätzliches zur sogenannten Energiewende die Themenführerschaft bisher der BaZ und der Weltwoche überlassen hat und sich auf durchaus kritische Detailerörterungen beschränkt, was aber einem Akzeptieren und blossen Nuancieren der unheilvollen Stossrichtung gleichkommt. Mit freundlichen Grüssen Es K. |
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